Samstag, 6. September 2008

Mehr als ein halbes Leben Teil 1

Der lange Weg eines jungen Gestalters und seiner japanischen Eibe

von Kevin Vollmari

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Mai 1995, da war ich sieben Jahre alt und mein Vater brachte mir die ersten Bonsaitechniken bei.

Den meisten Menschen, die das Bonsaihobby für sich neu entdeckt haben, fehlt die nötige Geduld um ihre Bäume in Ruhe reifen zu lassen. Sie wollen schnelle Ergebnisse sehen. 1995 ging es mir genau so. Zu diesem Zeitpunkt war ich 7 Jahre alt, als mein Vater mit einer ganzen Wagenladung voller Eiben nach Hause kam (eine hässlicher als die Andere). Zu meiner wirklich sehr großen Freude bekam ich die hässlichste aller Eiben geschenkt. Dabei hätte ich doch viel lieber einen Gameboy gehabt.
Es war ein wirklich hässlicher Stamm mit ein paar, sehr langen Ästen. Die Benadelung war viel zu weit außen und musste daher komplett entfernt werden. In Stammnähe verblieben nur wenige Nadeln. Alles in allem vermochte es nicht einmal die Fantasie eines 7-jährigen Jungen, sich vorzustellen, dass aus diesem Baum einmal etwas werden könnte.
Bis zum Jahre 1999 vermied ich jeden weiteren Kontakt mit dem Baum und es entstanden auch keine Fotos in dieser Zeit, weil niemand daran glaubte das aus diesem Baum etwas werden könnte. Die einzige Zuneigung, die der Baum erhielt, bekam er von meinem Vater, der ihn regelmäßig goss und düngte. So stand er in einer Ecke des Gartens bis ins Jahr 2001. Erst ab diesem Zeitpunkt war der Baum so vital das Er jedes Jahr einen guten Zuwachs brachte.
Im Jahr 2002, ich war 13 Jahre alt, war der Baum soweit, dass man ihn gefahrlos umtopfen konnte. Außerdem machte ich zusammen mit meinem Vater eine Bestandsaufnahme seines Habitus. Positive Aspekte konnten wir nur wenige ausmachen, hauptsächlich fanden wir Mängel für eine Gestaltungsfähigkeit vor. 2/3 des Stammes waren Kerzengerade, nur im oberen Teil war eine Bewegung zu sehen. Der Baum erinnerte stark an ein zahnärztliches Instrument. Der Stamm war übersäht von Wunden, vor allem im unteren Bereich. Zum Wurzelansatz hin verjüngte sich der Stamm. Eine einzige Katastrophe war der Wurzelballen. Kreuz und quer wuchsen die Wurzeln, teilweise sogar nach oben oder umschlungen den Stamm. Nichts davon war zu gebrauchen und in Zukunft muss ein komplett neuer Wurzelballen aufgebaut werden.



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September 1999. Eine erste brauchbare Verzweigung war zu erkennen . Dies änderte jedoch nichts daran, dass der Baum weiterhin scheußlich aussah.

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Mai 2001: Der Baum steht seit sechs Jahren in seiner Holzkiste. Erstmals zeigt er eine gewisse Vitalität.

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Mai 2002: Beim Umtopfen wird klar, dass der Wurzelballen in seiner Gänze nicht zu gebrauchen ist.

Bedingt durch das umtopfen und eine gute Düngung zeigte der Baum im Jahr 2003 einen explosionsartigen Zuwachs. Die Belaubung im Kronenbereich hatte sich mehr als verdoppelt. Jetzt endlich konnte man sich wage vorstellen, dass dieser Baum eine Zukunft als Bonsai haben könnte. Meine Motivation mit der Gestaltung anzufangen wurde jedoch durch meinen Vater abgebremst, da er mir riet noch ein Jahr mit dem Gestaltungsbeginn zu warten.

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Auf diesem Bild sieht man sowohl die Verletzungen als auch die Verjüngung
im Nebaribereich.


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August 2003: Der Baum sieht Kerngesund aus und wartet auf seine Gestaltung.

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Mit mir selbst im Hintergrund wirkt der Baum sehr groß und mächtig.


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Auf der Suche nach Saftbahnen werden auch erste potenzielle Sharibereiche
ausfindig gemacht.


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Mit dieser so genannten Rindennadel kann man einfach den Stamm reinigen.

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Mit der flachen Seite kann man einfach die lose Rinde weghebeln.


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Nach der Säuberung lässt sich eine schöne rote Rinde erkennen.



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